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Active Thinking

Anlässlich des jüngsten Active Thinking Forums von GAM Investments bewertete David Dowsett die Erwartungen für den Rest des Jahres sowie die Auswirkungen des Zusammenbruchs von FTX, während Stephanie Maier die wichtigsten Erkenntnisse der COP 27 zum Abschluss des Gipfels hervorhebt, einschliesslich des Schwerpunkts auf "Verlust und Schaden" und der Verflechtung von Klima und Natur.

18. November 2022

David Dowsett, Global Head of Investments

In der vergangenen Woche gab es mehrere wichtige Ereignisse, wobei die Veröffentlichung der aktuellen VPI-Daten aus den USA für die Einschätzung der volkswirtschaftlichen Entwicklung am bedeutendsten war. Obwohl sich die Inflation weiterhin auf einem hohen Niveau bewegt, lagen die Werte im Monatsvergleich zum ersten Mal seit langem geringfügig unter den Markterwartungen, was insbesondere auf die niedrigere Inflation im Gesundheitswesen zurückzuführen ist. Am Donnerstag kam es an den Märkten zu einer dramatischen Bewegung, die durch die Tatsache, dass der Freitag aufgrund des Veterans Day in den USA ein Feiertag für das Finanzministerium war, noch etwas verschärft wurde. Es kam zu einer Eindeckung von Leerverkäufen und einer sehr starken Performance aller langfristigen Anlagen, einschliesslich Technologieaktien. Das verstärkte die Erwartung, dass die Federal Reserve die Zinsen auf der Dezembersitzung um 50 Basispunkte (Bp) anstatt der befürchteten 75 Bp anheben und sich auf den bevorstehenden Rückgang der Inflation konzentrieren kann, den wir voraussichtlich in den ersten Monaten des Jahres 2023 erleben werden.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass im Jahr 2022 nur noch eine begrenzte Anzahl von Handelstagen verbleibt. Dies liegt nicht nur am Erntedankfest Ende des Monats, sondern auch an der bevorstehenden Fussballweltmeisterschaft. An Spieltagen wird an den Märkten der jeweiligen Schwellenländer nicht gehandelt. Die Fussballweltmeisterschaft ist daher ein wichtiges Ereignis, das die Liquidität zahlreicher Märkte verringert. Darüber hinaus war das Jahr 2022 aus globaler Sicht für die Märkte ein äusserst schwieriges Jahr, und für die Liquiditätsanbieter besteht zu diesem Zeitpunkt des Jahres kein Anreiz, zu hohe Risiken einzugehen. Für den Rest des Jahres 2022 gehen wir davon aus, dass die Märkte volatil und relativ illiquide bleiben, tendenziell jedoch eher an Wert zulegen als verlieren werden.

Die Risikobereitschaft wird durch die Ereignisse in China in der vergangenen Woche, einschliesslich des 20-Punkte-Plans zur Wiedereröffnung und des 16-Punkte-Plans zur Unterstützung des Immobiliensektors, der diese Woche veröffentlicht wurde, gesteigert. Dabei handelt es sich derzeit lediglich um strukturelle Grundsatzthemen und nicht um tiefgreifende Details, sie stellen jedoch eine positive Überraschung dar und deuten auf eine positivere Wachstumsdynamik in China für 2023 hin.

Auch die Zwischenwahlen in den USA waren insofern positiv, als die Wähler nicht für die stärker polarisierenden Kandidaten stimmten. Aus rein wirtschaftlicher Sicht ist ein geteilter Kongress als ein gutes Ergebnis zu werten, da er die Handlungsmöglichkeiten der Politiker einschränkt, und der geringere Spielraum für eine Ausweitung der schuldenfinanzierten Haushaltspolitik zur Stabilisierung des Staatsanleihenmarktes beiträgt.

Vergangene Woche erlebten wir zudem den Zusammenbruch der Kryptowährungsbörse FTX, woraus ich zwei Schlüsse ziehe. Erstens ist dies ein weiteres Beispiel dafür, was passieren kann, wenn die Liquidität nachlässt und die strukturellen Schwächen der Geschäftsmodelle offengelegt werden. Es steht zu erwarten, dass es zu weiteren vergleichbaren Ereignissen kommen wird, da die Liquidität im Jahr 2023 weiter abnehmen wird. Zweitens bin ich nicht davon überzeugt, dass es sich hierbei um ein systemisches Problem handelt bzw. das Krypto-Universum systemische Probleme aufweist. Einige Private Equity-Investoren haben zweifellos Kapital bei diesem einzelnen Unternehmen verloren, wir erwarten jedoch, dass sich die Verluste auf diesen Kreis beschränken. Bitcoin und das Krypto-Universum im Allgemeinen erleben derzeit eine Menge Spannungen, meiner Meinung nach wird das Konzept jedoch dadurch nicht ausser Kraft gesetzt. Es ist bemerkenswert, dass das Ausmass der Korrekturen, die Bitcoin in den letzten Tagen von seinen Höchstständen aus erfuhr, nahezu exakt dem Ausmass der Korrekturen entspricht, die im Jahr 2000 beim Nasdaq zu beobachten waren - im Wesentlichen handelt es sich um den typischen Abbau fremdfinanzierter Positionen von einem enorm überbewerteten Niveau aus. Meiner Meinung nach stellt dies vielmehr eine Möglichkeit dar, den Einstieg zu finden, als das Krypto-Phänomen abzuschreiben.

Stephanie Maier, Global Head of Sustainable and Impact Investment

Die Erwartungen an die COP 27, die derzeit in der zweiten Woche in Ägypten stattfindet, waren nicht so hoch wie bei der COP 26 in Glasgow. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, darunter der Ukraine-Russland-Konflikt und die daraus resultierende Energiekrise sowie das allgemeine inflationsgeprägte Umfeld. Eine der grössten Befürchtungen im Vorfeld der Verhandlungen war, dass das Thema Klima bei den Staats- und Regierungschefs in den Hintergrund geraten würde.

Die Bewältigung des Klimawandels hängt wesentlich von den Verpflichtungen und der Politik der Regierungen ab. Auf der COP 26 wurde signalisiert, dass die Nationen mit stärkeren, ehrgeizigeren Zielen in die nächste Konferenz gehen sollten. Die vor der COP 26 festgelegten nationalen Beiträge (Nationally Determined Contributions - NDCs) sollten die Erwärmung auf 2,4 Grad Celsius begrenzen. Vor der COP 27 gab es nur sehr wenige erhöhte oder verbesserte Ziele, und die zusätzlichen Ziele, die publiziert wurden, waren minimal und haben die 2,4-Grad-Bewertung nicht verändert, wie der Climate Action Tracker zeigt.

Positiv ist jedoch die Anerkennung der Tatsache, dass die Beschleunigung der Dekarbonisierung von entscheidender Bedeutung für die Bewältigung der aktuellen Energieversorgungssicherheits- und Kostenprobleme ist. Die Europäische Union hat sich in ihrem REPowerEU-Plan vom Mai nachdrücklich zu einer Beschleunigung des grünen Wandels verpflichtet, um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Der britische Premierminister Rishi Sunak erklärte in seiner Rede auf der COP 27, dass "Klimasicherheit mit Energiesicherheit Hand in Hand geht". Die Rede von US-Präsident Biden am 11. November, die sich auf die unerwartet guten Ergebnisse der Zwischenwahlen stützte, war ein starker Aufruf zum Klimaschutz. Unter dem früheren Präsidenten Trump waren die USA in der Klimadebatte weitgehend untätig, doch mittlerweile nehmen sie wieder eine Führungsposition ein. Im Sommer verabschiedeten die USA darüber hinaus das Inflationsbekämpfungsgesetz, das bisher unterschätzt worden war. Das Gesetz zeigt, dass die USA die Dekarbonisierung als Markt- und Wirtschaftschance sehen. Wir gehen davon aus, dass von den USA zum Thema Klima noch viel zu erwarten ist. Nach dem Regierungswechsel in Australien ist das Land ebenfalls erneut in dieser Thematik auf dem Vormarsch. Wir sind der Ansicht, dass diese Krise zu einer Beschleunigung der Energiewende und zu Massnahmen in zahlreichen Sektoren in Bezug auf die Dekarbonisierung führen sollte.

Einige der anderen Themen, die stärker in den Mittelpunkt gerückt sind, nicht zuletzt wegen des Gipfeltreffens in Ägypten, sind "Verluste und Schäden". Die grundsätzliche Ansicht, dass die Industrieländer durch die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Emissionen einen Grossteil des Klimawandels verursacht haben, findet mehr Unterstützung, dennoch tragen die Entwicklungsländer die Hauptlast der physischen Auswirkungen. Wir werden diese Woche sehen, ob sich dies in tragfähigeren Finanzierungszusagen niederschlägt. Ein weiteres grosses Thema bildeten die auf der COP 26 die von den Industrieländern zugesagten, aber nicht bereitgestellten 100 Mrd. USD an Klimafinanzierung. Die Finanzierung des Klimaschutzes ist wichtig, weil sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor umfangreiche Investitionen erforderlich sind, um sowohl die Emissionsreduzierung als auch die Anpassung an die negativen Auswirkungen, die wir bereits erleben, anzugehen.

Auf der COP 26 gab es eine Reihe von Ankündigungen zu den Themen Methan, Beendigung der Waldrodung sowie einige spezifische Initiativen zur Landwirtschaft und Umstellung auf Elektrofahrzeuge. Insgesamt war der Privatsektor auf der COP 27 wenig präsent. Die COP 27 war jedoch ein Meilenstein, um über die Fortschritte einer Reihe wichtiger Initiativen zu berichten, wie z. B. der Net Zero Asset Manager-Initiative (NZAM) zur nächsten Welle von Zwischenzielen für 2030 und der Net Zero Banking Alliance. Diese werden von einer breiteren Zivilgesellschaft geprüft, und wir sehen, dass ein Teil dieses Engagements in konkretere Ziele und Pläne umgesetzt wird.

Im vergangenen Jahr wurde im Vereinigten Königreich auch die Transition Plan Taskforce (TPT) angekündigt. Eine Reihe von Unternehmen veröffentlicht ihre Übergangspläne und stellt diese in einigen Fällen den Aktionären zur Abstimmung. Die TPT stellte letzte Woche ihren Rahmen für die Offenlegung von Informationen vor, der als Standard für Übergangspläne im privaten Sektor (nicht nur im Vereinigten Königreich) dienen soll.

Insgesamt gibt es zwar nur begrenzte Hoffnungen auf grosse, schlüsselfertige Entscheidungen als Ergebnis der COP 27, und es gibt in der Tat Bedenken, der Schlusserklärung werde es an Ehrgeiz mangeln, aber sie hat dazu gedient, den Schwerpunkt auf die Finanzierung des Wandels, den Verlust und die Schäden und das Vertrauen in die Natur zu legen. Im Dezember findet der Biodiversitätsgipfel der COP 15 in Montreal statt, und es besteht die Hoffnung, dass dies ein "Pariser Moment" für die biologische Vielfalt sein könnte, bei dem wir einen Grossteil des Regelwerks und der Mobilisierung, die wir beim Klimawandel gesehen haben, auch für die biologische Vielfalt erleben. Die Notwendigkeit, sich auf die Nahrungsmittelsysteme zu konzentrieren, die eindeutig sowohl vom Klimawandel als auch von der Natur und der biologischen Vielfalt abhängig sind, wird zunehmend anerkannt. Die Lebensmittelproduktion und die Landwirtschaft werden bereits durch verschlechterte Wetterbedingungen beeinträchtigt, so haben beispielsweise die hohen Temperaturen und die Dürre in Europa im Sommer die Ernteerträge beeinträchtigt. Letzte Woche fand der erste Agrartag der COP statt. Damit rückt die Verknüpfung von Klima und Natur auf der Tagesordnung immer weiter nach oben.

Der letzte Punkt, den es auf der COP 27 zu beachten gilt, ist, dass die UN-Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) angekündigt hat, ein Gremium einzurichten, das die Glaubwürdigkeit der Netto-Null-Ziele überprüfen soll, um der allgemeinen Besorgnis bezüglich “Greenwashing” zu begegnen und zu prüfen, ob die Verpflichtungen auch tatsächlich umgesetzt werden. Es wurde nicht sehr detailliert dargelegt, wie dies geschehen könnte, aber es unterstreicht die Notwendigkeit und den Wunsch nach einer genaueren Prüfung, wie Länder und Unternehmen ihre Verpflichtungen umsetzen.

Wichtige rechtliche Informationen
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Stephanie Maier

Global Chief Sustainability Officer
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