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Anzeichen für einen Wendepunkt

Andrea Quapp, Investment Director für Multi Asset Class Solutions (MACS) Kontinentaleuropa, erklärt, warum wir makroökonomisch an einem Wendepunkt stehen und Schwellenländer von einer Abschwächung des US-Dollars profitieren könnten und welche Alternativen sich im Bereich der indirekten Immobilienanlagen in der Schweiz bieten.

16. Januar 2023

Die Basis unserer Anlagethese beruht auf der Umkehr der Zinsentwicklung, dem undynamischen, volkswirtschaftlichen Wachstumsmomentum, der tiefen Produktivität sowie dem demografischen Wandel.

Nach 10 Monaten mit steigenden Renditen, höherer Teuerung und dem Anheben der Leitzinsen durch die Notenbanken zeichnet sich unserer Meinung nach ein baldiger Wendepunkt ab. Erstens stellen wir fest, dass die Inflation in den USA, Europa und Grossbritannien allmählich nachlässt, wobei insbesondere die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) von einer Verlangsamung der Teuerung spricht. Das ist für die Finanzmärkte positiv. Zweitens ist Chinas Lockerung der Null-Covid-Massnahmen eine erfreuliche Nachricht für den Aktienmarkt und das chinesische Wirtschaftswachstum. Zwar weisen die Wirtschaftszahlen im Reich der Mitte noch rezessive Tendenzen auf, doch das Umschwenken der Politik in Bezug auf die Pandemiebekämpfung dürfte eine Erholung einleiten.

Nach unserer Ansicht ist die Lockerung der Geldpolitik näher als viele es sich vorstellen können. Die Fed ist weltweit die aktivste und bedeutendste Zentralbank, und wir denken, dass sie sehr flexibel ist und vorsichtig sein wird, damit sie nicht zum zweiten Mal einen politischen Fehler begeht. Die Fed hat die steigende Inflation lange als kurzfristiges Phänomen eingeschätzt und sowohl das Ausmass als auch die Beständigkeit der Teuerung unterschätzt. Daher sind wir überzeugt, dass sie sicherstellen wird, eine nachlassende Teuerung rechtzeitig zu antizipieren.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt ist, wann die Aufwertung des US-Dollars aufhören wird. Die Stärke des Dollars war in den vergangenen Monaten ein entscheidender Bremsklotz für die Konjunktur der Schwellenländer und deren Attraktivität als Anlageziel. Sobald der Dollar schwächer wird, kann der Beginn einer Erholung in den Schwellenländern erwartet werden.

Das Bewusstsein für ein Rezessionsrisiko ist momentan weltweit an den Märkten kaum vorhanden. Die regionalen Auswirkungen eines konjunkturellen Abschwungs werden weder für Europa, die Vereinigten Staaten noch für Asien derzeit in Betracht gezogen. Insbesondere in Kontinentaleuropa dürften die hohen Preise für Rohstoffe aber einen grossen Einfluss auf die Konsumnachfrage im Speziellen und die Wirtschaft im Allgemeinen haben.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist nach wie vor optimistisch in Bezug auf den globalen Wachstumstrend. Gemäss ihrem neuesten Bericht für 2023 erwartet sie eine Expansion von 2,7%. Die Herkunft des potenziellen Wachstums hat sich aber leicht verschoben – wahrscheinlich dürfte Indien gemäss OECD mehr zur Expansion beitragen als China. Das Reich der Mitte bleibt dabei ein Unsicherheitsfaktor.

Welche Auswirkungen hat das auf unsere Asset Allocation?

Dies führt dazu, dass wir moderat positiv zu Aktien eingestellt sind, da wir glauben, dass sich die Risikoprämie für diese Anlageklasse auf einem attraktiven Niveau befindet. Die Aktienkurse sind schneller gesunken als die Unternehmensgewinne. Wir differenzieren aber klar nach Regionen: Wir sind derzeit noch negativ in Europa und neutral bis leicht positiv gegenüber Schweizer Aktien eingestellt, da die Unternehmen hier mit dem Gewinnwachstumspotenzial zu kämpfen haben. Wir sind hingegen positiv zu Aktien aus den USA und Asien gestimmt, allerdings verhaltener gegenüber China. Neben der Entwicklung der Covid-Pandemie bleibt das Risiko bestehen, dass China in Taiwan einen Angriffskrieg nach russischem Beispiel starten könnte. Wenn sich die politische Lage zwischen China und Taiwan nachhaltig entspannt, könnte dies eine Gelegenheit darstellen.

Zunehmend optimistisch bei Anleihen

In Bezug auf Anleihen sehen wir Potenzial bei den Staatsanleihen – vor allem in den USA und bei Katastrophen-Anleihen (Cat-Bonds). Der europäische Staatsanleihenmarkt wird allerdings noch durch den sich hinziehenden Zinserhöhungszyklus belastet. Im Obligationenbereich Schweizerfranken gibt es keine Negativverzinsung mehr, was mittelfristig wieder Käufer anziehen dürfte. Momentan ist die Realverzinsung allerdings noch nicht attraktiv genug.

Indirekte Immobilienanlagen als Alternative

Mit einem risikofreien Zinssatz in den USA von 4% entfallen unserer Ansicht nach die Argumente für Investitionen in anspruchsvollere oder illiquidere alternative Anlageklassen. In diesem Bereich setzen wir bevorzugt auf indirekte Immobilienanlagen in der Schweiz. Nach der deutlichen Kurskorrektur von rund 15% für kotierte Immobilienfonds hat sich die Attraktivität dieses Segments unseres Erachtens verbessert. Die Prämien sind teilweise deutlich zurückgekommen und liegen per Ende 2022 bei rund 14%. Dabei weisen Fonds mit Wohnimmobilien einen höheren Preisaufschlag zum inneren Wert auf als Fonds, die in Geschäftsimmobilien investieren. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Fonds die Tiefstände von Mitte Oktober hinter sich gelassen haben oder ob ein erneuter Einbruch erfolgt, weil Anleger befürchten, dass die Schweizer Volkswirtschaft an Wachstumskraft verlieren wird. Nach unserer Ansicht bleibt das Spannungsfeld von steigenden Nominalrenditen und höchstens gleichbleibender Ausschüttungsquote über die nächste Zeit bestehen.

Wichtige rechtliche Hinweise
Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen dienen nur zu Informationszwecken und stellen keine Anlageberatung dar. Die in diesem Dokument enthaltenen Meinungen und Einschätzungen können sich ändern und spiegeln die Sichtweise von GAM im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wider. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen wird keine Haftung übernommen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse oder aktuelle oder zukünftige Trends. Die erwähnten Finanzinstrumente dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht als direktes Angebot, Anlageempfehlung oder Anlageberatung zu verstehen. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Prognosen eintreffen werden.

Andrea Quapp

Lead Investment Director, Multi-Asset Class Solutions (MACS) Continental Europe
Meine Insights

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