Emerging Market Equity: Outlook 2026
Dezember 2025 | Ygal Sebban
Nach Jahren der Underperformance treten die Schwellenländer in eine neue Ära der Chancen ein. Eine Frage, die sich Investoren im Jahr 2026 stellen werden, ist, ob die Outperformance von Schwellenländeraktien anhalten kann. Unsere Antwort: Dies ist erst der Anfang. Langfristige Treiber, zyklische Rückenwindfaktoren und starke thematische Katalysatoren machen die Schwellenländer zu einer der attraktivsten Anlagestrategien für das kommende Jahr.
Das Jahr 2025 markierte den Beginn des Wiederaufschwungs der Schwellenländer – aber das war erst der Anfang.
Die Sterne stehen günstig
- Demografie
Das Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung und eine wachsende Mittelschicht, insbesondere in Indien und Südostasien, verändern die Konsumgewohnheiten. Die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen und das steigende Pro-Kopf-BIP treiben das Wachstum der Inlandsausgaben für Waren, aber zunehmend auch für Dienstleistungen an. - Von der Regierung vorangetriebene Reformen und Indexentwicklung
Strukturreformen in Indien und China, darunter Renteninitiativen, beschleunigen die Binnennachfrage. Unterdessen hat sich der MSCI EM Index von Industrie und Energie hin zu Technologie und zyklischen Konsumgütern verlagert, wobei Indien, China, Korea und Taiwan zusammen 75,7 Prozent des Index ausmachen. - Kreditqualität
Acht der zehn grössten Schwellenländer sind mittlerweile mit Investment Grade bewertet. Positive Carry-Renditen steigern die Erträge und machen Schwellenländer-Anleihen und Devisenstrategien neben Aktien attraktiv. - Zyklische Rückenwindfaktoren
Die USA stehen vor strukturellen Herausforderungen, da die Märkte die Nachhaltigkeit der Staatsverschuldung, die Belastungen des Immobilienmarktes und das sich verlangsamende Wachstum der Binnenwirtschaft, das nicht mit KI zusammenhängt, in Frage stellen. Dieser Druck wird die Federal Reserve wahrscheinlich zu aggressiven Zinssenkungen zwingen und die Realzinsen in den negativen Bereich drücken. In der Vergangenheit haben solche Umstände zu einer Schwäche des USD und einer Outperformance der Schwellenländer geführt. Niedrigere Zinsen sowohl in den USA als auch in vielen Schwellenländern dürften die Performance von Schwellenländeraktien weiter stützen. - Positive Einschätzung zu China
Chinas Fähigkeit und Bereitschaft, das Wachstum zu unterstützen, bleiben auch angesichts der Herausforderungen im Immobiliensektor und möglicher neuer Zölle ungebrochen. Die koordinierte Politik in den Bereichen Geld-, Fiskal- und Immobilienpolitik sowie zur Stützung der Aktienmärkte ist beispiellos und positioniert inländische Aktien als eine Säule der Wachstumsstrategie. Dies wird zusätzlich durch eine mehrjährige Anti-Involutionskampagne in einer Vielzahl von Sektoren unterstützt, um Chinas anhaltenden Deflationsdruck zu bekämpfen. - Der Rückenwind durch KI
Die KI-Revolution ist eine Frage der Investitionsausgaben. Die weltweiten Investitionen in KI-Infrastruktur werden bis zum Jahr 2030 voraussichtlich eine Billion USD erreichen, wobei ein Grossteil dieser Ausgaben in Halbleiter fliessen wird. Die Schwellenländer sind die Hauptlieferanten, und die Halbleiterindustrie sieht sich mit Lieferengpässen konfrontiert, was weitere Preissteigerungen erwarten lässt: TSMC, Samsung und Hynix dominieren die Chip-Produktion.
Ein sich wandelnder globaler Kontext
Höher als erwartete US-Zölle dürften den internationalen Handel belasten und das Wachstum der Industrieländer verlangsamen, wodurch die Rolle der Schwellenländer als widerstandsfähiger Anker in einer sich wandelnden Weltordnung gestärkt wird. In einer Welt der USD-Abwertung und geopolitischer Verschiebungen bieten Schwellenländer ein stärkeres makroökonomisches Wachstum und weniger angespannte Staatsfinanzen. Die Bewertungen bleiben attraktiv: Aktien aus Schwellenländern werden mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von nur 14 für das Jahr 2026 gehandelt, was historisch gesehen günstig und unterbewertet ist. Nach Jahren der Abflüsse kehrt das Interesse der Anleger zurück, was Raum für eine multiple Expansion schafft.
MSCI Emerging Markets Index Forward Price/Book – Aufschlag/Abschlag gegenüber dem S&P 500 Index
Argumente für eine Neubewertung
In den letzten zwei Jahrzehnten haben die Schwellenländer einen tiefgreifenden Wandel durchlaufen. Die Zusammensetzung der Sektoren hat sich dramatisch verändert: Was einst von Industrie, Rohstoffen und Energie dominiert wurde, spiegelt nun die entwickelten Märkte wider, wobei Technologie, Finanzen und zyklische Konsumgüter mit einem Anteil von insgesamt 62 Prozent gegenüber nur 54 Prozent beim MSCI World im Mittelpunkt stehen. Heute entspricht die Gewichtung des Technologiesektors mit 27 Prozent in etwa der des MSCI World, was den Aufstieg hochwertiger Branchen widerspiegelt. Die weltweit führenden Unternehmen in den Bereichen Halbleiter, Datenspeicherung und Batterietechnologie haben ihren Sitz mittlerweile in Asien – in Taiwan, Korea und darüber hinaus – wodurch die Schwellenländer im Zentrum struktureller Wachstumsthemen wie KI und Energiewende stehen.
Diese Entwicklung unterstreicht einen entscheidenden Punkt: Die Schwellenländer sind nicht mehr die zyklischen, rohstoffgetriebenen Märkte der Vergangenheit. Sie sind stärker, diversifizierter und zunehmend investitionswürdig. In einer Welt, in der globales Wachstum rar ist, sollten Länder, die nachhaltiges Wachstum erzielen können, einen Aufschlag statt einen Abschlag erhalten. Die anhaltende Bewertungslücke zwischen Schwellenländern und Industrieländern ist daher ungerechtfertigt und sollte unserer Meinung nach deutlich geschlossen werden. Die Fundamentaldaten können sich mittlerweile mit denen der Industrieländer messen und bieten gleichzeitig überlegene Wachstumsaussichten, was überzeugende Argumente für eine Neubewertung der Schwellenländer liefert.
Das Jahr 2025 markierte den Beginn des Wiederaufschwungs der Schwellenländer, aber das war erst der Anfang. Angesichts ihrer langfristigen Stärke, der zyklischen Unterstützung und der thematischen Rückenwindfaktoren sind die Schwellenländer unserer Meinung nach eine der attraktivsten Anlagemöglichkeiten für das Jahr 2026.
Ygal Sebban ist Investment Director und investiert bei GAM Investments in Strategien für Aktien aus Schwellenländern.