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Active Thinking

Auf dem jüngsten Active Thinking Forum von GAM Investments erörterte David Dowsett die Auswirkungen der anhaltenden inversen Zinsstrukturkurve US-amerikanischer Staatsanleihen sowie die Risiken einer verringerten Liquidität, während Grégoire Mivelaz das attraktive Wertversprechen nachrangiger Schuldtitel bezüglich Spreads, Bewertungen und Fundamentaldaten hervorhebt.

30. November 2022

David Dowsett, Global Head of Investments

In der vergangenen Woche erlebten wir eine Fortsetzung der konstruktiven Märkte. Mit Blick auf die Bewertungen, denke ich, hat der grösste Teil der Jahresendrallye im Hinblick auf die erreichten Niveaus bereits stattgefunden. Kurzfristig stehen jedoch einige potenziell risikoreiche Ereignisse an, die dem Markt etwas Volatilität bringen könnten. Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, hält im Laufe dieser Woche eine Rede, und am Freitag, dem 2. Dezember, werden die neuesten Daten zu den Beschäftigtenzahlen ohne Landwirtschaft veröffentlicht. Nach einer Periode relativ ruhiger, jedoch steigender Märkte würde ich daher erwarten, dass es kurzfristig zu etwas mehr wechselseitigen Risiken kommen wird, die das Gesamtbild nicht verändern, aber für etwas mehr Unsicherheit sorgen.

Ein Gradmesser, der in den vergangenen zehn Tagen meiner Meinung nach besonders erwähnenswert war, ist die anhaltend inverse Zinsstrukturkurve bei US-amerikanischen Staatsanleihen, die einen sehr guten Indikator für eine bevorstehende Rezession darstellt. Von allen Marktindikatoren weist die Zinsstrukturkurve der US-Staatsanleihen in der Vergangenheit die beste Erfolgsquote bei der Vorhersage auf, und exakt darauf konzentrieren sich die Marktteilnehmer für 2023. Das ist für die Anleihemärkte nicht schlecht, es stellt jedoch mit Blick auf das nächste Jahr ein Risiko dar, das verkraftet werden muss.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehe ich nicht davon aus, dass die derzeitigen Proteste in China zu einer grundlegenden Änderung der politischen Reaktion oder gar zu einer grundlegenden Schwächung des Regimes der Kommunistischen Partei Chinas führen werden. Wir werden die Entwicklung der Situation jedoch weiter beobachten.

Schliesslich befinden wir uns aktuell in einer Phase, in der die Liquidität vermutlich geringer sein wird, was eigene Risiken mit sich bringen kann. Aufgrund des schwierigen Jahres 2022 haben die Investmentbanken wenig Interesse daran, ihre Bestände bis zum Jahresende aufzustocken. Infolgedessen müssen wir weiterhin auf überproportionale Bewegungen auf der Einzelwertebene achten, die auf dieser Ebene als ungerechtfertigt erscheinen mögen, da es kaum Nachrichten gibt, es stellt jedoch ein Phänomen dar, das auftreten kann, wenn Investoren keine engen Geld-Brief-Spannen stellen wollen.

Zusammenfassend denke ich, dass die Märkte weiter konsolidieren und von den Oktobertiefs nach oben bewegen werden, allerdings mit etwas mehr Gegensätzlichkeit als in den vergangenen Wochen.

Grégoire Mivelaz - Nachrangige Schuldverschreibungen

In den letzten sechs Wochen kam es zunehmend zu einer Marktverbesserung für Credits im Allgemeinen, und wir gehen davon aus, dass das nächste Jahr ein starkes Jahr der Erholung sein sollte. Nachrangige Schuldverschreibungen bieten eine gute Transparenz der Erträge solider Emittenten, unterliegen jedoch auch einer gewissen Preisvolatilität je nach Marktbedingungen, und das gilt für beide Seiten. Zwar haben Anleihen dieses Jahr an Wert verloren, aber die zugrundeliegende Kreditwürdigkeit bleibt unverändert, ohne dass es zu Ausfällen oder Herabstufungen kommt. Für ein sehr gutes Jahr bedarf es zunächst eines schlechten Jahres, was 2022 der Fall war, und deshalb sind wir der Überzeugung, dass 2023 ein sehr gutes Jahr werden könnte. Normalerweise erholen sich die Anleihenkurse nach einem Schock innerhalb von sechs bis neun Monaten. Im Jahr 2022 war dies jedoch nicht der Fall, da es eine Reihe nicht korrelierter Schocks gab, angefangen mit der Invasion in der Ukraine, gefolgt von unerwartet hohen Inflationszahlen und der Null-Covid-Politik in China, die den Markt unter Druck setzten. Aber alles in allem war in den letzten Wochen eine gewisse Normalisierung festzustellen.

Obwohl wir davon ausgingen, dass sich das Jahr 2022 nach der Wiederbelebung der meisten Volkswirtschaften nach der Covid-Pandemie als positiv erweisen würde, war es ein sehr hartes Jahr. Es gab keine Verstecke, da sich die Wertentwicklung der meisten Anlageklassen bis auf wenige Ausnahmen in die gleiche Richtung bewegte. Das makroökonomische Umfeld bleibt unsicher. Wir halten die Annahme für gerechtfertigt, dass wir in Europa eine sanfte und milde Rezession erleben werden. Auch in den USA könnte es zu einer Rezession kommen, aber das dürfte tendenziell in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres der Fall sein. Für Anleihegläubiger bedeutet dies, dass Investment Grade-Anleihen (IG) besser abschneiden sollten als High Yield-Anleihen (HY), da IG-Anleihen definitionsgemäss von starken Unternehmen mit soliden Kreditkennzahlen begeben werden. Emittenten nachrangiger Schuldtitel sind Investment Grade-Emittenten. Sind wir also der Meinung, dass IG-Anleihen besser abschneiden sollten als HY-Anleihen, das stellt natürlich ein starkes Plus für nachrangige Schuldtitel dar. Ferner gehen wir davon aus, dass die Inflation hoch bleiben, in den Jahren 2023 und 2024 jedoch allmählich zurückgehen wird und sich wieder den Zielen der Zentralbank annähert. Dennoch gilt: Je höher die erzielten Erträge, desto besser ist ein Portfolio geschützt. Kapitalerhalt beginnt mit der Erzielung von Erträgen, die über der Inflation liegen. Unseres Erachtens werden die Zinsen zwar weiterhin schwanken, aber nicht so ausgeprägt wie in diesem Jahr, was zu einer gewissen Einengung der Spreads führen dürfte. Wir sind der Meinung, dass die Sterne günstig stehen und somit ein spannender Markt für nachrangige Schuldverschreibungen vorliegt.

Wir sind davon überzeugt, dass sich europäische Credits besser entwickeln könnten als US-amerikanische, da in Europa kein vergleichbarer Inflationsdruck herrscht. Vor zwei Monaten sprachen wir über den Energieschock, der zu einem sehr negativen Ausblick für das erste Quartal des nächsten Jahres führen könnte, und es wurden Notfallpläne für Energierationierungen vorbereitet. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Die Margen entwickeln sich deutlich besser als noch vor einigen Monaten. Bezüglich des Rezessionsrisikos gehen wir davon aus, dass Europa auf eine leichte Rezession zusteuert.

Im Bereich der HY-Anleihen hat die Europäische Zentralbank dem Markt in den letzten Jahren viel Liquidität zugeführt, so dass es zu keinen Ausfällen kam. Mit Blick auf die Zukunft könnte der Unternehmenssektor bei weiter steigenden Zinsen von höheren Finanzierungskosten betroffen sein, und im Falle einer Rezession könnte sogar das Ausfallrisiko steigen. Nachrangige Schuldtitel von Emittenten mit Investment Grade-Rating erzielten in einigen Fällen eine höhere Rendite als europäische High Yield-Anleihen und boten eine bessere Kreditqualität, eine höhere Kurssteigerung und eine geringere Zinssensitivität, da sie vom Finanzsektor begeben wurden, der von steigenden Zinsen profitiert.

Nach unserer Ansicht war der Finanzsektor in Europa gemessen an der Qualität der Aktiva, der Liquiditätsquote und den Solvabilitätskoeffizienten noch nie so robust. Basel III, ein Regelwerkwerk, das die internationalen Standards für die Eigenkapitalausstattung von Banken, für Stresstests und Liquiditätsanforderungen festlegt, hat den Sektor gestärkt. Das bedeutet, dass die Banken im Falle einer Rezession und eines Anstiegs notleidender Kredite, der Teil der Zyklizität der Märkte ist, die Auswirkungen aus den Erträgen abfedern können, da in einem Umfeld steigender Zinsen die Nettozinsmarge steigt und der Sektor darüber hinaus von starken Solvabilitätskoeffizienten profitiert.

Die Preise für nachrangige Anleihen sind um etwa 20 % gefallen, da sich die Spreads ausgeweitet haben. Sobald sich der Markt jedoch normalisiert, und wir gehen davon aus, dass die dafür notwendigen Katalysatoren vorhanden sind, erwarten wir, dass sich die Spreads wieder einengen werden. Wir sind davon überzeugt, dass dies ein gutes Wertversprechen darstellt. Sollten wir uns irren und weitere externe Schocks eintreten und sich die Preise nicht rasch erholen, können wir es uns leisten, angesichts der hohen laufenden Verzinsung, die wir erzielen, geduldig zu sein.

Daher sind wir der Meinung, dass nachrangige Anleihen ein attraktives Wertangebot mit weiten Spreads, attraktiven Bewertungen und soliden Fundamentaldaten bieten.

Wichtige rechtliche Informationen
Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen dienen lediglich zu Informationszwecken und stellen keine Anlageberatung dar. Die in diesem Dokument enthaltenen Meinungen und Einschätzungen können sich ändern und spiegeln die Sichtweise von GAM im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wider. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen wird keine Haftung übernommen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse oder aktuelle oder zukünftige Trends. Die genannten Finanzinstrumente dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht als direktes Angebot, Anlageempfehlung oder Anlageberatung zu verstehen. Die aufgeführten Wertpapiere wurden aus dem von den Portfoliomanagern abgedeckten Wertpapieruniversum ausgewählt, um dem Leser ein besseres Verständnis der dargestellten Themen zu ermöglichen, und werden nicht notwendigerweise von irgendeinem Portfolio gehalten oder stellen Empfehlungen der Portfoliomanager dar. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Prognosen eintreffen werden.

Grégoire Mivelaz

Fund Manager, Atlanticomnium SA
Meine Insights

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