Skip to main content

Aktives Denken

Niall Gallagher von GAM Investments erklärt, warum er der Meinung ist, dass sich Anleger auf ein neues globales Umfeld nach der Deflation einstellen müssen. Er zeigt auf, wie er die Chancen in der neuen Ära höherer Inflation und der schwierigen Energiewende nutzen will, und erläutert seine langfristig positive Einschätzung des Luxussektors.

27. September 2023

Europäische Aktien

Seit etwa drei Jahren vertrete ich die Auffassung, dass die Anlagemärkte in eine völlig neue Ära eintreten; für mich ist seit einiger Zeit klar, dass die Zeit des deflationären und niedrigen, aber stabilen Wirtschaftswachstums endgültig vorbei ist.

Die deflationären Kräfte, die von 2008 bis 2021 vorherrschten, haben nachgelassen und werden meines Erachtens in absehbarer Zeit nicht zurückkehren. Das Ende des Schuldenabbaus und der Ära der billigen Energie sowie die Inversion des demografischen Rückenwinds bedeuten, dass sich die Anleger auf die neuen Realitäten einstellen müssen.

Da die Zentralbanken weltweit nun gegen die Inflation - und nicht mehr gegen die Deflation - vorgehen müssen, werden die Zinssätze wahrscheinlich noch länger höher bleiben. Meiner Ansicht nach sind weder die Inflation noch höhere Zinsen vorübergehend, so dass ich davon ausgehe, dass die Zinssätze für eine sehr lange Zeit nicht mehr in der Nähe von Null liegen werden.

Europas Banken sind wieder "im Geld"

Die Rückkehr zu historisch normalen Zinssätzen und Renditen ist für den Bankensektor, der in hohem Masse auf steigende Zinssätze ausgerichtet ist, von immenser Bedeutung. Die Bewertungen der europäischen Banken, die zu Beginn des Jahres durch die schlechte Stimmung gegenüber schwächeren US-Regionalbanken etwas unter Druck geraten waren, sind jetzt sowohl absolut als auch in Bezug auf den Markt im historischen Vergleich sehr günstig und sollten diese neue Ära höherer Zinsen noch widerspiegeln.

Die europäischen Banken sind sehr stark auf das alte Branchenmodell der Kundeneinlagen und des Kreditgeschäfts ausgerichtet. Während des Zeitraums, in dem die Zinssätze seit der globalen Finanzkrise von 2008 fast auf Null gesunken sind, über verschiedene Minikrisen in der Eurozone hinweg bis 2021, war das Kerngeschäft der europäischen Banken mit Einlagen weitgehend verlustbringend. Doch jetzt, da die Zinssätze in der Eurozone wieder auf 4% gestiegen sind, ist das Kerngeschäft wieder voll "im Geld". Die Eigenkapitalrendite des Bankensystems hat sich sogar mehr als verdoppelt. Darüber hinaus befinden sich die Banken nach anderthalb Jahrzehnten des Schuldenabbaus im gesamten Sektor - mit dem Wegfallen des deflationären Impuls - unserer Ansicht nach in einer hervorragenden Verfassung: Sie sind reich an Einlagen und verfügen dank konservativer Kreditvergabestandards über hohe Rückstellungen für faule Kredite. Da es in den Kreditbüchern kaum Anzeichen für notleidende Kredite gibt, müssen die Banken unserer Ansicht nach nicht viel mehr Rückstellungen bilden. Angesichts der robusten Bilanzen und des gesunden Kreditwachstums dürften die Banken daher weiterhin grosse Mengen an Barmitteln erwirtschaften, die grösstenteils an die Aktionäre zurückgegeben werden können.

Der holprige Weg zur Energiewende

Eine wichtige Ursache für die neue Inflationsrealität ist die Energiepolitik der letzten zehn Jahre. Die Energiekosten, insbesondere in Europa, wo die Energiewende mit grossen Mängeln behaftet ist, werden wesentlich höher sein. Auch die Investitionsausgaben (Capex) werden erheblich höher sein, was nicht nur für die Wirtschaft und die Investoren, sondern für die gesamte Gesellschaft enorme Auswirkungen haben wird. Letzte Woche traf der britische Premierminister Rishi Sunak, der im nächsten Jahr vor den Parlamentswahlen steht und in den Umfragen weit zurückliegt, die pragmatische Entscheidung, das Tempo auf dem Weg zu "Netto-Null" zu drosseln und sich der EU anzuschliessen, indem er das Verkaufsverbot für benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge von 2030 auf 2035 verschob. Daraufhin folgte die Entscheidung des deutschen Amtskollegen, die unpopulären Gesetze zur Verwendung von Wärmepumpen voranzutreiben, obwohl seine Partei in den Umfragen ein Rekordtief erreicht hat. Dies unterstreicht die Tatsache, dass die Energiewende, so gut sie auch gemeint sein mag, sowohl schwierig als auch teuer ist; die Politiker haben sich bestenfalls ausweichend zu den Kosten geäussert, und die Auswirkungen dämmern allmählich den Investoren.

Möglichkeiten zur Schliessung der Energieversorgungslücke

Aus verschiedenen Gründen, vor allem aufgrund von ESG-Druck und übermässigem Optimismus hinsichtlich des kurz- und mittelfristigen Potenzials für neue, sauberere Energiequellen, hat der Öl- und Gassektor in den letzten zehn Jahren unter einem Mangel an Investitionen gelitten. Angesichts des anhaltenden Drucks zur Dekarbonisierung wird sich das auch jetzt nicht ändern. Das Ergebnis ist, dass der heutige strukturell angespannte Öl- und Gasmarkt auf Dauer Bestand haben wird, und das gilt für alle Produkte der Branche. Jeder, der heute in Europa ein Dieselfahrzeug fährt, weiss nur zu gut, dass Diesel teuer ist, was grösstenteils auf den Mangel an Dieselraffineriekapazitäten in Europa zurückzuführen ist. Und ob das Verkaufsverbot für neue Benzin-/Dieselautos nun 2030 oder 2035 in Kraft tritt, niemand wird angesichts der kurzen Amortisationsdauer im Zeitalter der Energiewende in eine neue Dieselraffinerie investieren.

Selbst wenn man den Anstieg der Energiepreise in den letzten Wochen nicht berücksichtigt, sorgen die Öl- und Gaspreise im gesamten Energiesektor für Gewinne und höhere Margen in einem Grossteil der Produktpalette. Da die Investitionen in neue Kohlenwasserstoffanlagen in den letzten Jahren gering waren, werden die meisten Gewinne des Energiesektors - ähnlich wie im Bankensektor - weiterhin an die Aktionäre zurückfliessen. Bei allen Öl- und Gasunternehmen sind die Renditen der freien Cashflows recht stabil und die Kapitalrenditen daher sehr hoch. Kurzfristig ist natürlich mit schwankenden Ölpreisen zu rechnen, und es wird zweifelsohne weitere Diskussionen über Mitnahmeeffekte in der Branche geben. Ungeachtet der Politik besteht jedoch kein Zweifel daran, dass der Energiesektor, ähnlich wie der Bankensektor, in nächster Zeit mit äusserst attraktiven Dividenden und umfangreichen Aktienrückkäufen rechnen kann.

Luxusmarken

Es ist klar zu erkennen, dass der Luxussektor langfristig eine bessere Performance hat als andere Sektoren. Wenn Sie in den Sektor vor 25 Jahren investiert und die Anlagen gehalten hätten, wäre eine hervorragende Rendite erzielt worden.

Der Luxussektor hat in den letzten vier bis fünf Jahren einen enormen Aufschwung erlebt, insbesondere seit 2019. In diesem Zeitraum gab es eine Pandemie, bei der die Verbraucher nicht in der Lage waren, Geld auszugeben, gefolgt von "Revanche-Ausgaben" mit dem während der Lockdowns angesammelten Geld. Um eine Vorstellung davon zu vermitteln, wie gross diese Beschleunigung war, ist der Wert der Verkäufe in den USA und Europa seit 2019 um 80 % bis 100 % gestiegen; ein ganz erheblicher Luxusboom.

Seitdem ist der Markt optimistisch gegenüber China, da die chinesischen Luxusausgaben unter dem Niveau von 2019 liegen. Man hatte also gehofft, dass China den Staffelstab übernehmen würde, während die Ausgaben in Europa und den USA abflachen. Bislang haben wir jedoch einen eher vorsichtigeren chinesischen Verbraucher erlebt.

Angesichts des Ausmasses des Luxusbooms in den USA und Europa kann man davon ausgehen, dass die Ausgaben etwas abflachen werden. Mittel- und langfristig bleibt der Sektor jedoch aufgrund seines Engagements in Asien und der Tendenz der Generation Z, "weniger, aber dafür besser zu kaufen", sowie der wachsenden Anzahl von Millionären und Milliardären, die den Sektor ankurbeln werden, unterstützt.

Der Sektor hat nicht nur ein starkes Umsatzwachstum zu verzeichnen, sondern auch die Gewinnmargen sind so hoch wie nie zuvor; die Gewinnmargen von LVMH erreichten mit 26% die höchste je erzielte EBIT-Marge. In Anbetracht der hohen Umsätze und der hohen Gewinnmargen gehen wir davon aus, dass sich das Wachstum in nächster Zeit abschwächen wird, da es sich um eine zyklische Branche handelt.

Was die Bewertungen betrifft, so wurde das Kurs-Gewinn-Verhältnis von LVMH, das für den Luxussektor steht, zwischen 2001 und 2019 mit einem Aufschlag von 35% bis 40% gegenüber dem europäischen Markt gehandelt. Dieser Aufschlag stieg auf 120% im Jahr 2021. In diesem Jahr ist der Aufschlag auf 63% zurückgegangen, was zwar niedriger ist als zuvor, aber im Vergleich zum historischen Verlauf immer noch relativ hoch bewertet ist.

Langfristig sehen wir den Sektor positiv, aber wir müssen auch die kurzfristigen operativen Fundamentaldaten und die Bewertungen im Auge behalten.

Wichtige Angaben und Informationen
Die hierin enthaltenen Informationen dienen nur zu Informationszwecken und sind nicht als Anlageberatung zu verstehen. Die hierin enthaltenen Meinungen und Einschätzungen können sich ändern und spiegeln die Sichtweise von GAM im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wider. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der hierin enthaltenen Informationen übernommen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für aktuelle oder zukünftige Trends. Die erwähnten Finanzinstrumente dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht als direktes Angebot, Anlageempfehlung oder Anlageberatung oder als Aufforderung zur Investition in ein Produkt oder eine Strategie von GAM zu verstehen. Die Erwähnung eines Wertpapiers stellt keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf dieses Wertpapiers dar. Die aufgeführten Wertpapiere wurden aus dem von den Portfoliomanagern abgedeckten Wertpapieruniversum ausgewählt, um dem Leser ein besseres Verständnis der dargestellten Themen zu ermöglichen. Die aufgeführten Wertpapiere werden nicht notwendigerweise von den Portfoliomanagern gehalten und stellen auch keine Empfehlungen der Portfoliomanager dar. Die hier beschriebenen spezifischen Investitionen stellen nicht alle Investitionsentscheidungen des Managers dar. Der Leser sollte nicht davon ausgehen, dass die identifizierten und diskutierten Anlageentscheidungen gewinnbringend waren oder sein werden. Die hierin enthaltenen Verweise auf spezifische Anlageempfehlungen dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht notwendigerweise repräsentativ für Anlagen, die in der Zukunft getätigt werden. Es wird keine Garantie oder Zusicherung gegeben, dass die Anlageziele erreicht werden. Der Wert von Anlagen kann sowohl steigen als auch fallen. Die in der Vergangenheit erzielten Ergebnisse sind nicht unbedingt ein Indikator für künftige Ergebnisse. Die Anleger könnten ihre Anlagen ganz oder teilweise verlieren.

Die vorstehenden Ausführungen enthalten zukunftsgerichtete Aussagen in Bezug auf die Ziele, Möglichkeiten und die zukünftige Entwicklung des US-Marktes im Allgemeinen. Zukunftsgerichtete Aussagen können durch die Verwendung von Worten wie "glauben", "erwarten", "antizipieren", "sollten", "geplant", "geschätzt", "potenziell" und anderen ähnlichen Begriffen gekennzeichnet sein. Beispiele für zukunftsgerichtete Aussagen sind u.a. Schätzungen in Bezug auf die Finanzlage, die Betriebsergebnisse und den Erfolg oder Misserfolg einer bestimmten Anlagestrategie. Sie unterliegen verschiedenen Faktoren, einschließlich, aber nicht beschränkt auf allgemeine und lokale wirtschaftliche Bedingungen, Veränderungen des Wettbewerbs innerhalb bestimmter Branchen und Märkte, Änderungen der Zinssätze, Änderungen in der Gesetzgebung oder Regulierung sowie andere wirtschaftliche, wettbewerbsbezogene, staatliche, regulatorische und technologische Faktoren, die sich auf die Geschäftstätigkeit eines Portfolios auswirken und dazu führen können, dass die tatsächlichen Ergebnisse erheblich von den prognostizierten Ergebnissen abweichen. Solche Aussagen sind zukunftsorientiert und beinhalten eine Reihe von bekannten und unbekannten Risiken, Ungewissheiten und anderen Faktoren, und dementsprechend können die tatsächlichen Ergebnisse erheblich von denen abweichen, die in solchen zukunftsorientierten Aussagen widergespiegelt oder in Erwägung gezogen werden. Potenzielle Anleger werden darauf hingewiesen, dass sie sich nicht auf zukunftsgerichtete Aussagen oder Beispiele verlassen sollten. Weder GAM noch eine seiner Tochtergesellschaften oder Direktoren noch eine andere natürliche oder juristische Person übernimmt eine Verpflichtung, zukunftsgerichtete Aussagen aufgrund neuer Informationen, späterer Ereignisse oder anderer Umstände zu aktualisieren. Alle hierin gemachten Aussagen beziehen sich nur auf das Datum, an dem sie gemacht wurden.

Niall Gallagher

Investment Director
Meine Insights

Verwandte Artikel

Active Thinking: Die Spitze der Luxuspyramide

Flavio Cereda

Active Thinking: Japan – Sind wir endlich an einem Wendepunkt angelangt?

Ernst Glanzmann

Active Thinking: Millennials prägen den Wohnungsmarkt

Tom Mansley

Active Thinking

Kontakt

Bitte wählen Sie Ihr Profil oder besuchen Sie unsere Kontakte & Standorte.